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Die Sache mit den Schwarzpulverersatzstoffen Pyrodex, Triple  Seven & Co...

Da kämpft die SPI als Schwarzpulverinteressenverband mit Unterstützung Ihrer gewerblichen Mitglieder jahrelang darum, dass neben den klassischen Schwarzpulversorten und Schwarzpulverpresslingen  flächendeckend die derzeit in Europa verfügbaren Schwarzpulverersatzstoffe über den Pulvergroß- und in Folge dann auch beim Pulvereinzelhandel verfügbar sind, schafft es, dass - in Folge der Zulassung der Schwarzpulverersatzstoffe in der SPI-Wettkampfordnung  - zumindest bei einem (inzwischen leider ehemaligen!)  SPI-Gründungsmitglied im Umfeld des Pulvergroßhandels ein entsprechendes Lager aufgebaut wird und dann stockt der Absatz, weil die Verunsicherung im Zielgruppenmarkt (Schwarzpulverschützen) recht groß ist, weil niemand so recht weiß, wie es - beschußrechtlich - um die "Verwendungsfähigkeit" der  Schwarzpulver-Ersatzstoffe derzeit bestellt ist. Klar kann man sich die Frage stellen "Braucht´s die SP-Ersatzstoffe eigentlich?" - andererseits schadet es dem Hobby aber auch nicht, wenn im Schwarzpulverumfeld - wenigstens annäherungsweise -  im Lauf der Zeit eine ähnliche Sortenvielfalt und -auswahl entsteht, wie dies im Nitropulverumfeld schon seit vielen Jahrzehnten der Fall ist. Nun sind die Pulversorten da, liegen auf Lager und wollen gekauft werden  - und warum sollten die nun nicht auch Verwendung finden, wo Sie ggf. ideal auf den individuellen Bedarf passen....

Nachstehend daher unsererseits der Versuch in der Sache zunächst ein wenig Klarheit reinzubringen, um so den ernsthaft Interessierten die Wege aufzuzeigen, wie der Schwarzpulverschütze  in seinen Schwarzpulverwaffen - so er will - die inzwischen von der BAM freigegebenen Ersatzstoffe Pyrodex und Triple Seven verwenden kann.

Vorneweg: Ich habe mich im Vorfeld dieses Beitrages durch einen großen Berg von unzähligen  Din-A4 Seiten durchgearbeitet, die ich im Lauf der Jahre zum Thema zusammengetragen habe. Ich erspare es allen Lesern, die sich zum Teil widersprechenden Publikationen von Behörden, Ministerien, Importeuren Herstellern etc.. hier zum Download einzustellen. Das was für aktive Schwarzpulverschützen in der Praxis wichtig und - aus Sicht der Beschussämter - zu beachten ist, wird im nachfolgenden Text ausgeführt. Ich verzichte daher auch darauf, Dokumente zu veröffentlichen, die seitenweise zu einer gesetzlichen Regelung ausführen, die bis heute noch nicht umgesetzt ist und die auch nach Umsetzung kaum etwas an dem ändern wird, was heute schon an Aufwand zu treiben ist, wenn man mit Schwarzpulver-Ersatzstoffen umgehen und diese im Hobby auch verwenden möchte.


Ausgangssituation:

Schon seit geraumer Zeit (Stand: 31.01.2010!!) haben die beiden Pulversorten Pyrodex und Triple Seven des US-Herstellers HODGDON seitens der BAM folgende Verwendungsbestimmungen zugeordnet bekommen:

A) Pyrodex: 1008, 1009,1013 und 1022

B) Triple Seven: 1008, 1009,1022,1086 und 1087

Für die hiesige Betrachtung ist vor allem die Nummer 1022  von großer Bedeutung. Daher nachfolgend die Nummer 1022 im vollständigen Originalwortlaut:

"Der Explosivstoff darf bestimmungsgemäß nur als Treibmittel zum Vorderladerschießen sowie zum Laden und Wiederladen von Munition verwendet werden."

Weil die SPI seinerzeit federführend daran beteiligt war, dass sämtliche Schweizer Schwarzpulver-Schießpulversorten (CH1, CH2 etc..) die Zulassung zur Verladung in Patronen bekamen, war uns die 1022 schon ein Begriff. Für eine flächendeckende Verfügbarkeit der Schwarzpulverersatzstoffe haben wir uns vor allem aus folgenden Gründen eingesetzt und - entgegen ursprünglichen Überlegungen - schon kurz nach Gründung der SPI die Schwarzpulver-Ersatzstoffe in der SPI-Wettkampfordnung zugelassen:

1) Die SP-Ersatzstoffe unterfallen der Lagergruppe 1.3. Somit können gemäß den Lagerbestimmungen im  privaten Pulverlager statt 1 kg bei der Lagergruppe 1.1 (Schwarzpulver)  bei Schwarzpulverersatzstoffen bis zu 3 kg gelagert werden: eine deutliche Ausweitung der Lagerungs- und Bevoratungsmöglichkeiten - vor allem bei Schwarzpulverschützen die Kurz- und Langwaffen gleichermaßen nutzen und daher zwingend verschiedene Körnungen benötigen und nicht nur mit 1 oder 2 Granulierungen hinkommen.

2)  Sind die Ersatzstoffe unter Umständen (abhängig von den einzelnen Standrichtlinien und Genehmigungen) vielleicht sogar eine Möglichkeit, das Vorderladerhobby auch an den Schießständen ausüben zu können, wo die Verwendung von Original Schwarzpulversorten verboten ist. Zumindest kann die für Standzulassungsfragen zuständige Behörde diese Möglichkeit prüfen und ggf. den Stand für die Verwendung von Ersatzstoffen freigeben. Bei nächster Gelegenheit befassen wir uns mit dem Thema dahingehend, ob die Verwendung von Ersatzstoffen auf Ständen, die für Nitropulver zugelassen sind, nicht sogar generell möglich ist. Sobald wir in dieser Frage Klarheit haben, werden wir das an geeigneter Stelle auf unserer homepage veröffentlichen.  

Ob mit den 3 Pyrodex Sorten (P, RS und Select) und den beiden Triple Seven Sorten (FFg und FFFg) eine bessere Präzision als mit den Original Schwarzpulversorten im ein oder anderen Waffentyp erreicht werden kann, ob damit die Kosten fürs Hobby reduziert werden können und wie es mit dem Verschmutzungsgrad der Ersatzstroffe aussieht wird Gegenstand einer größeren Testserie, deren Erkenntnisse und Ergebnisse wir zur gegebenen Zeit auf unserer homepage und wohl auch im DWJ  veröffentlichen werden.
 
Wie können und dürfen die HODGDON SP-Ersatzstoffe in Deutschland verwendet werden?

Das Ergebnis nach Auswertung der Aussagen der von mir konsultierten und im Fall des Beschussamtes München sogar persönlich aufgesuchten  Zertifizierungsstellen in vorgenannter Sache lässt sich wie folgt zusammenfassen:


Jeder der die Ansicht vertritt, dass alle Waffen, die einen Schwarzpulverbeschuss haben automatisch auch mit Schwarzpulverersatzstoffen geladen und geschossen werden dürfen, irrt sich gewaltig !!!


Es sieht (derzeit) wie folgt aus:

Fall 1:  

Die Waffe, mit der die SP-Ersatzstoffe verwendet werden sollen, wurde vor dem 01.01.1992 beschossen:

Ergebnis:  Waffen mit einem Beschuß vor 1992 müssen generell noch einmal einem erneuten Beschuss unterzogen werden!!!


Fall 2:  

Die Waffe, mit der die SP-Ersatzstoffe verwendet werden sollen, wurde nach dem 01.01.1992 von einem ausländischen Beschußamt beschossen:

Ergebnis:  Waffen mit einem ausländischen Beschuß, der nach dem 01.01.1992 erfolgte müssen generell noch einmal neu  beschossen werden!


Fall 3:  

Die Waffe, mit der die SP-Ersatzstoffe verwendet werden sollen, wurde nach dem 01.01.1992 von einem deutschen Beschußamt beschossen:

Ergebniss: Waffen, die ab 1992 von einem deutschen Beschußamt beschossen wurden müssen nicht generell erneut einem Beschuss unterzogen werden, müssen aber von einem deutschen Beschußamt einer Augenscheinprüfung unterzogen werden. Wenn diese Prüfung positiv ausfällt, so wird für diese Waffe eine Beschussbescheinigung ausgestellt, dass die Waffe nach den derzeit gültigen beschussrechtlichen Bestimmungen geprüft wurde. In dieser Bescheinigung ist dann genau aufgeführt welche zulässigen Höchstwerte der Gebrauchsaldung zulässig sind und welche Schwarzpulverersatzstoffmarken konkret verwendet werden dürfen! Diese sind in der Urkunde namentlich aufgeführt.

Fall 4:  

Alle Schwarzpulverwaffen, die nach dem 01.05.2011 (siehe entsprechenden Text in der nachstehend zum download bereitgestellten Ladetabelle des Beschußamtes München!) über den Handel in den Markt gelangten, müssten von Haus aus mit einer solchen Bescheinigung, wie diese nach technischer Überprüfung und Vorstellung der Waffe (Fall 3) oder Beschuß der Waffe (Fälle 1 und 3)  ausgefertigt wird,  versehen sein - zumindest sofern diese (bei ausländischen Produkten entsprechend nach dem Import !) - bei einem deutschen Beschußamt beschossen wurden. Denn seit dem 01.Mai 2011 werden in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Inneren und im Vorgriff auf die zu erwartende Anpassung der Beschussverordnung  (BeschussV) seit dem 01.05.2011 nur noch Beschussprüfungen nach der C.I.P Tabelle vorgenommen und entsprechende Beschussbescheinigungen ausgestellt!

Nachfolgend das Original einer Beschussbescheinigung, wie diese in allen Fällen vom jeweiligen Beschußamt ausgefertigt und zur Waffe nach Überprüfung (Fall 3) oder Beschuss (Fälle 1,2 und 4)
ausgehändigt wird.

Original einer Beschussbescheinigung des Beschussamtes München vom 15.01.2014

und nachfolgend die Ladetabelle für tragbare Schwarzpulverwaffen mit Beschussprüfung bis zum 29.04.2011 (Spalte A)
sowie für tragebare Schwarzpulverwaffen mit Beschussprüfung ab dem 01.05.2011 (Spalte B)

Ladetabelle der Staatlichen Prüfstelle für Waffen und Sicherheitstechnik (Beschußamt München)


Noch eine kurze Info zu den mit obigen Vorgängen verbunden Kosten:

Im positiven Fall 3 (kein Beschuß notwendig, lediglich Augenscheinkontrolle und intensive technische Überprüfung - diese dauerte in meinem Fall gute 30, eher 45 Minuten -  der Waffe auf Funktionsfähigkeit, technischer Zustand etc..) wurde im konkreten Fall beim Beschußamt in München eine Gebühr in Höhe von 24,75 € fällig. Dazu kommen die Kosten für die Anfahrt zum Beschußamt   bzw. die Versandkosten für denjenigen, der nicht persönlich die Fahrt zum Beschußamt seiner Wahl auf sich nehmen möchte.

Laut Auskunft des Beschußamtes München wird für den Fall, dass ein erneuter Beschuss vorgenommen werden muss bei einem Perkussionsrevolver eine Gebühr in einem Bereich von knapp jenseits der 50 € fällig, bei einschüssigen Vorderladerwaffen ist die Gebühr entsprechend geringer. Der genaue Preis kann ggf. im Rahmen eines Anrufes erfragt werden. Er ist letztlich von der jeweiligen Waffenart  (einschüssig, mehrschüssig, Kalibergröße etc..) abhängig
 
Kontaktdaten des Beschussamtes München:

Beschussamt München
Franz-Schrank-Straße 9
80638 München

Telefon: 089-17901-339
Telefax: 089-17901-206

eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Homepage: beschussamt.bayern.de

Für diejenigen aus dem Raum Bayern bzw. München:

Das Beschussamt München liegt in unmittelbarer  Nähe des Botanischen Gartens  - liegt aber im Gebäudekomplex innerhalb des Eichamt-Areals etwas zurückversetzt. In den nächsten Tagen stelle ich hier an dieser Stelle noch die Navigationsdaten in allen gängigen Formaten (Garmin, TomTom, Google Earth,Google maps, nokia Handy etc..) rein, damit Ihr Euch das Durchfragen durch das weitläufige Areal des Eichamtes  und die weiten Wege sparen könnt, die ich auf mich nehmen musste, um seinerzeit den richtigen Eingang bzw. die richtige Tür zu finden....

Leider habe ich in der Sache keine besseren Nachrichten für Euch. Ich war bis Anfang Januar 2014 auch der Ansicht, dass ein Schwarzpulverbeschuss automatisch auch den "Schwarzpulverersatzpulverbeschuss" mit beinhaltet  - dem ist leider nicht so!!

Recht erstaunt waren allerdings sämtliche von mir konsultierte Beschußämter über die sprengstoffrechtliche Regelung in Bayern und vereinzelt auch anderen Regionen, wo einerseits Pyrodex seit geraumer Zeit regelmäßig bei allen Erlaubnissen nach §27 eingetragen wird, die Eintragung von Triple Seven jedoch ohne entsprechenden Beschußnachweis - und in uns bekannten Einzelfällen - selbst unter Vorlage eines solchen - verweigert wird. Wehe dem, der Schlechtes darüber denkt!   Triple seven ist - wie Pyrodex - ebenfalls ein von der BAM zertifizierter Schwarzpulverersatzstoff und dies sogar noch vom gleichen Hersteller!

Ihr seht schon: es besteht konkreter Handlungsbedarf, den ich nach Abschluss der rechtlichen Überprüfungen  - ebenfalls hier auf unser Seite - aufzeigen werde und zu dessen Realisierung ich alle aktiven Schwarzpulverschützen und dieses Mal ausdrücklich nicht nur die SPI Mitglieder - um  persönliche Unterstützung in der Sache bitten möchte!   

Die SPI bleibt jedenfalls an diesem spannenden Thema dran und wird - sobald es neue Erkenntnisse und/oder Entwicklungen in der Sache gibt - weiter berichten....

Wolnzach, den 28.01.2014

Helmut Leiser